Es heißt in Deinem Brief, ich soll ein Märchen für Dich schreiben. Als Gegenstück zu Deiner schönen Erzählung soll ich, armer Schreiberling, ein Aufsätzchen verfassen. Wie denn? Schreiben ist gar nicht so einfach, vor allem wenn man so gründlich übernächtigt ist. Aber Müdigkeit ist ein guter Keim für Träume und jeder weiß, aus Träumen entstehen Märchen. Oder aus Märchen entstehen Träume? Auf jeden Fall habe ich wieder geträumt. Von Stränden im fernen Norden, vom Segeln auf der Schlei, vom Zusammensein im Wald... und dann bin ich traurig aufgewacht. Das Vermissen macht mich so traurig. Wie in einem Film sind mir rasch die Bilder der Zeit von September 1987 bis September 1989 vorgeführt worden. „Von wem?“ fragst du mich. Von meinem Gedächtnis. Es gönnt meinen Erinnerungen keine Ruhe. Und das wird manchmal so schmerzhaft, daß ich nicht mehr schätzen kann, was ich jetzt habe. Von lautem Zurückdenken. Die Gegenwart ist aber versprechend wie noch nie: eine Arbei
Sequoia and King Canyon National Park, California (USA), January 2018 Diese Zeit habe ich nicht gewählt, eher wurde ich von ihr gewählt. Diese Einsamkeit habe ich mir nicht ausgesucht, wir haben einfach einander getroffen. Dieser Regen ist nicht meine Entscheidung, er war auf einmal einfach da. Und an den Händen von Zeit, von Einsamkeit, von Regen entscheide ich mich nun für Licht, damit das Graue im Regen meine Seele nicht ansteckt.
Carmel (California, USA), Oktober 2019 Einst wollte ich Metall sein, um ohne Leiden zu beobachten, doch meine Gefühle schwanden dahin. Einst wollte ich Feuer sein, um zu kämpfen und zu erobern, doch vor der Niederlage gab ich auf. Einst wollte ich Wasser sein, um unaufhaltsam zu fließen, doch mir fehlten Umarmungen. Einst wollte ich Erde sein, um selbstlos jedem ein Heim zu sein, doch ich verlor das ewige Wandeln. Einst wollte ich Äther sein, um ohne Sehnsucht zu vergehen, doch mein Herz wurde leer. Vieles habe ich mir früher ersehnt, jetzt aber möchte ich sein Metall, Wasser, Feuer, Erde, Äther. Metall, um in Alleinsam Festigkeit zu schaffen. Wasser, um zum Fließen zu verleiten. Feuer, um helle Wärme zu verbreiten. Erde, um Leben zu beherbergen. Äther um unauffällig die Welt zu umarmen. Nun möchte ich einfach sein, wer ich bin.
Mit halbem Gas, mit drosselnder Kraft, bemühe ich mich der Kontrolllosigkeit Herr zu werden. Entmachtet verzichte ich auf meine Gaben, opfere meine Begabungen auf einem antiken Altarstein, der in fernster Vergangenheit einem gemeinsamen Schicksal zu Diensten stand. Am Abgrund stehe ich, kurz davor die Flamme zu löschen, erhaltene Begabungen im Keim ersticken zu lassen auf dem Scheiterhaufen eines Friedens, der sich erweist als unmöglich irreal fern. Dem Wind des Lebens, mit reißendem Schwung, wird es gelingen, die Flamme wieder zu beleben. Der freundliche Wald, der über Undurchdringliches wacht, wird das Holz bereit stellen, wodurch mein Licht wieder brennen wird unvermittelt, fern der Mittelmäßigkeit, die mich aus dem lebensfrohen Himmel, aus dem fruchtbaren Olymp verbannte, zu dem ich geboren wurde. Sein ohne Grenzen. Furchtlos glänzen. Leben nach den Absichten derjenigen, die mit Talenten den Rucksack füllten, d
Nicolaikirche, Valencia (Spanien), August 2016 Das Leben ist kein Kampf, sondern ein Weg, den wir bemüht begehen manchmal verloren, manchmal gezielt, manchmal aussichtslos, doch immer hoffnungsvoll. Ständig in den Händen das Herz, unser stärkstes Werkzeug, und mit der Seele voran, dem sanftesten Schutzmantel. Und so gehe ich den Weg entlang, scheinbar allein, doch nie wirklich so. Wann immer Aussichtslosigkeit droht, meine Sinne zu bewölken, meinen Weg zu erschweren, bete ich. Ich bete wie das Kind, das ich einmal war, an einen allmächtigen Gott über mir, er möge mir gönnen, was ich begehre. Ich bete wie das Kind, das in mir lebt, an einen Gott über mir, den ich nicht verstehen kann, er möge mir das warme Gefühl gewähren, die Welt stemmt sich nicht gegen mich. Ich bete wie der Mann, der ich bin, an einen Gott, den ich irgendwo vermute, er möge mich schützen vor allem und jedem um mich. Obwohl ich jetzt auch bete, wie die S
In lautester Stille gedeiht der Pilger auf seinem Weg. In lautester Stille blüht das Leben in seiner Pracht. In lautester Stille feiert der Wanderer sein Ziel. In lautester Stille hört man am besten die Stimme der Seele.
Puçol (València), September 2021 Nichts ist so beständig, so permanent wie der Wandel. Scheinbar paradox ist das Leben, wo der Tag, der zu Ende geht, das Tor zu neuen Wegen eröffnet. Um einen Tag weiser, um einen Tag ruhiger im Sturm der Zeit. Ruhe im Vulkan, feuriges Magma der Leidenschaft an Tagen eisiger Einsamkeit. Ausharren... eher nicht, eher leben und dabei lernen, eher lernen und dabei leben.
Erst durch deinen Blick erhellt der Tag mit Licht. Erst durch deine Stimme hallt überall Musik. Erst dein Geruch erweckt jeden Sinn. Erst deine Hand bringt das Leben zurück.
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